Dieser Haß auf die GDL und Weselsky ist faszinierend

Claus Weselsky erscheint mir nicht gerade wie ein unehrlicher Typ. Vielleicht nicht immer jemand der ein gutes Gedächtnis hat, oder jemand der manchmal mit zweierlei Maß mißt, aber unehrlich eher nicht.

Sehr gut fand ich beispielsweise das Interview mit ihm von jung & naiv.

Während sogenannte “christliche Gewerkschaften” seit Jahren aktiv eine moderne Form der Ausbeutung, um nicht zu sagen Sklaverei, befördern: “Zeitarbeit”, ist er ein Gewerkschaftsführer der sich wahrlich für die Mitglieder seiner Gewerkschaft einsetzt. Die direkte Konkurrenz der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hingegen hatte sich geradezu kampflos mit einer Nullrunde für die Mitglieder abgefunden.

Während also über die Jahrzehnte die Möglichkeiten und Rechte der Gewerkschaften immer weiter geschliffen wurden, während das Tarifeinheitsgesetz die Tarifautonomie klar aushebelt, während sich immer mehr Gewerkschaften und ihre Bosse nicht für ihre Mitglieder einsetzen (ja, das gilt auch für die Elefanten bzw. Wale auf dem Gebiet), zeigt hier endlich mal wieder eine Gewerkschaft “Zähne”.

Was ist denn daran falsch?

Überraschend — aber eigentlich auch wieder nicht — ist die Vehemenz mit der die Mehrheit der sogenannten Journalisten mit Meinungsstücken gegen die Position der GDL agitiert und nicht selten ad hominem gegen Weselsky (“sächselt” u.ä.). Wenn süddeutsche Politiker “als” und “wie” nicht auseinanderhalten können, regt sich keiner über sie auf. Auch wenn das “s” zum “sch”, regt sich kein Widerstand. Aber wenn einer mit ostdeutscher Biographie es wagt sich – gegen den teilprivatisierten Staatsbetrieb Deutsche Bahn – stellt, dann keilt man los. Schließlich sächselt er1. Man könnte geradezu sagen er ostdeutscht. Sicherlich, das ist stereotyp, aber bedient eben auch jede Menge existierende Vorurteile und ist daher vor allem wirksam. Damit läßt sich Meinung machen, damit kann man agitieren und spalten. Chapeau!

Es ist auch deshalb nicht wirklich überraschend, weil viele der sich so nennenden “Journalisten” jegliche Neutralität und Vollständigkeit in der Berichterstattung schon seit langem vermissen lassen. Und da sie selbst mit einem der ihren — Julian Assange — keine Solidarität kennen und das wertewestliche Narrativ des selbstverliebten, arroganten Schwedinnenvergewaltigers übernehmen, anstatt sich einmal eingehend mit den Ermittlungen eines Nils Melzer2 auseinanderzusetzen, darf es nicht verwundern, wenn die Vorstellung von Solidarität anderer gesellschaftlicher Gruppen untereinander ihnen fremd ist.

Aber insbesondere der “gebühren”-finanzierte sogenannte öffentlich-rechtliche Rundfunk hat sich hierbei nicht mit Ruhm bekleckert und ziemlich unisono die Kritik an der GDL übernommen, es bei der Berichterstattung über die Details der vermeintlichen Angebote der Bahn aber nicht immer ganz genau genommen. Da kann schonmal — und das ist sicher nicht ganz unbeabsichtigt — der Eindruck entstehen die GDL sei die Böse in dieser Geschichte und die Bahn die Gute; obwohl jedem der in den letzten zehn Jahren einmal Bahn gefahren ist klar sein dürfte, daß diese schwarzweiße Sichtweise unhaltbar ist. Während sich die die Bahn also in Tugendprotzerei übt und vorgibt bei diesem Streit im Sinne ihrer Kunden vorzugehen, ist ihre Erfolgsbilanz der letzten in dieser Hinsicht bestenfalls als ernüchternd zu bezeichnen.

Bleibt solidarisch mit der GDL!

Freiheitsrechte, Bürgerrechte, Menschenrechte und Arbeitnehmerrechte sind unter Beschuß. Immer. Von vielen Seiten. Das was den Schützen in die Hände spielt ist Zwist. Daher wird dieser gesät wo es nur geht.

// Oliver

  1. Faktisch meißnert er, aber geschenkt, die Bewohner des Freistaats Sachsen wissen ja selbst nicht, daß sie mit den ursprünglichen Sachsen außer dem Namen nichts gemein haben. []
  2. … und dessen Schlußfolgerungen daraus []
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