Für mich begann das neue Jahr sehr angenehm. Silvester hatte ich bei Freunden in Dresden verbracht und das war schon super, nachdem man sich eine lange Zeit nicht mehr persönlich getroffen hatte. Am Nachmittag/Abend hatten wir einen schönen langen Spaziergang durch die Dresdner Altstadt. Die katholische Kathedrale stürzte trotz meines Besuches als bekennender Atheist nicht zusammen und wir hatten das Vergnügen einer Darbietung von Bach’s Toccata und Fuge in d-Moll auf der dortigen Silbermann-Orgel zu lauschen. Der Wiedererkennungswert bei diesem Stück ist natürlich sehr groß, weshalb ich innerhalb weniger Akkorde wußte um welches Stück es sich handelt. Es gibt davon unter anderem eine Cover-Version von Vanessa Mae, die ich auch sehr mag. Einfach bezaubernd. When in Rome, do as the Romans do – also habe ich mich den Anwesenden angepaßt und nicht applaudiert, obwohl der Organist meiner Meinung nach einen tosenden Applaus verdient gehabt hätte.
Noch besser wurde es dann gestern im Flugzeug nach Reykjavík, wo ich Sebastian, ein deutsches Mitglied der isländischen Band Mezzoforte (Englisch), kennenlernte. Er schaffte es dann auch innerhalb der dreieinhalb Stunden Flug mir die Grundlagen in Sachen Musiktheorie beizubringen, etwas das meine Musiklehrer gemeinschaftlich in Jahren nicht geschafft hatten. Wohlgemerkt, er hatte auch Fragen zu meiner Tätigkeit, so daß er nicht einmal die vollen dreieinhalb Stunden für die Erklärungen hatte. Ich weiß jetzt wie Noten funktionieren, wie sich Oktaven zu Tonleitern verhalten, was eine Partitur ist, was Stimmen, Töne, Halbtöne und Akkorde sind und wie sich die Klaviertasten zu den Tönen und Halbtönen der Oktaven verhalten – und überhaupt wie sich einige der vorgenannten Konzepte zueinander verhalten. Auch gab er mir eine Wertschätzung für die Arbeit des Dirigenten, den ich bisher (aus Unwissenheit) immer für entbehrlich hielt, weil die Musiker schließlich die Notenblätter vor sich hätten. Sebastians Ausführungen überzeugten mich vom ganzen Gegenteil: ein Dirigent ist unabdingbar um die Stimmen der Instrumente zu einem ansprechenden Gesamteindruck zu vereinen.
Ich kann aber mit Fug und Recht behaupten, daß er mich neugierig auf Jazz gemacht hat und allgemein einen etwas anderen Blick auf Musik insgesamt vermittelt hat. Einen der mich sozusagen heiß gemacht hat selbst ein Instrument zu erlernen. Dieses Jahr, soviel kann ich schon sagen, wird dies nichts mehr, aber innerhalb der kommenden drei Jahre werde ich mir wohl ein Keyboard zulegen um Klavier zu erlernen. Freue mich schon drauf.
Ein wirklich geistig anregendes Gespräch, an welches ich sicher noch lange zurückdenken werde. Mal sehen ob die Kontaktaufnahme mit Sebastian klappt und man in Kontakt bleiben kann. Neugierig auf den nächsten Gig von Mezzoforte in Island bin ich allemal …
So jung das neue Jahr auch sein mag, ich habe schon eine Menge Neues gelernt. Sebastian empfahl mir auch das Buch “Der einarmige Pianist: Über Musik und das Gehirn” (englisch: “Musicophilia: Tales of Music and the Brain”), welches ich meiner Wunschliste hinzugefügt habe. Vorkenntnisse in Musiktheorie sind seiner Ansicht nach für die Lektüre jedoch nicht notwendig.
// Oliver
PS: fast jedem dürfte dieses Stück von Mezzoforte bekannt sein.