In der ZDF-Sendung Markus Lanz vom 2010-01-13 mußte sich “der Rhetoriker” Wolfgang Bosbach anhören, daß Zweifel an der Praxistauglichkeit und Nützlichkeit der sogenannten Nacktscanner aufkamen. Daraufhin meinte er:
… mit der … mit der Logik – wenn die Logik richtig wäre; wir haben keine hundertprozentige Sicherheit – das unterschreibe ich sofort – deswegen lassen wir moderne Technik gleich sein. Könnte man natürlich auch auf andere Sicherheitsmaßnahmen und Kontrollen verzichten. Es geht immer nur darum, ob man einen in der Praxis spürbaren Sicherheitsgewinn erzielen kann oder nicht. Es kommt ja auch niemand auf die Gedanken: “Ich schließe meine Haustür nicht ab, der Täter könnte ja auch die Scheibe einschlagen und dadurch eindringen.”
Applaus vom Publikum
Schauen wir uns dieses Argument doch nochmal genauer an. Zuersteinmal zur Sicherheit von Schlössern. Nicht nur, daß man sich normale Öffnungswerkzeuge kaufen kann, mit den sogenannten Schlagschlüsseln wird das Öffnen der Tür auch für Laien unheimlich leicht. Bei traditionellem Schloßöffnen braucht es wenigstens noch Geduld (speziell in der Lernphase) und Fingerfertigkeit. Aber Herr Bosbach hat ja nicht unrecht. Wenn ein Einbrecher kommt und die Hochsicherheitstür sieht, wird er eben das Kellerfenster nehmen welches praktisch die Schwachstelle des Hauses ist. Cracker machen das in der EDV auch so, Hacker versuchen das elegant. Wir stellen also fest, daß der Einbrecher vermutlich die einfachste Methode benutzen wird.
Nähmen wir aber nun mal den Fall an, daß alle Fenster adäquat vegittert sind, so daß subjektiv für den Einbrecher kein Unterschied zwischen dem Schloßöffnen und dem Durchsägen der Gitter besteht. Der Einbrecher macht sich also die bekannten Schwachstellen des Zylinderschlosses zunutze und schafft es bis nach drinnen. Wegen der reichen Beute holt er seine Kumpels und dann wird die Bude ausgeräumt.
So, als Resultat dieses Einbruchs und des Stehlens der Sachen liegt natürlich jetzt das Haus in Trümmern und die Bewohner sind alle ermordet. Oder? Hat der Herr Bosbach doch gesagt? Wenn man einen Vergleich bringt, sollte er doch auch passen. Hundertprozentige Sicherheit mag es nicht geben. Allerdings kann ich mit Sicherheit für mich ausschließen, daß es einen Zustand zwischen Leben und Tod gibt. Leben und Tod scheinen mir sehr doch sehr digital angelegt. Entweder lebendig oder tot.
Wenn uns ein Politiker sagen würde, wir können mit 70%iger Sicherheit ausschließen, daß eine Bombe durch die Kontrollen kommt, dann überleben im Ernstfall von einhundert Passagieren trotzdem nicht dreißig das explodierende Flugzeug und den folglichen Absturz. Nur argumentieren wir schon in Bereichen viel höherer Wahrscheinlichkeit.
Im Fall des Einbruchs, ist das Schloß auch nicht gegen den ernsthaften Einbrecher gedacht, sondern für die Versicherung. Kein Scherz! Versicherungen machen das nämlich genau wie der Herr Bosbach und schätzen Risiko (Einbruch/Flugzeugabsturz) und Nutzen (Versicherungspolice/Bundestagsmandat) ab. Und da der Volksmund weiß, daß Gelegenheit Diebe macht, schließen wir unsere Türen ab, damit die Versicherung danach auch bezahlt. Ach ja, und versucht doch einfach mal spaßeshalber bei einem Einbruch ohne Einbruchsspuren (was durchaus bei professionellem Schloßöffnen drin ist) den Schaden der Versicherung zu verklickern. Viel Erfolg! Ach nein, macht es lieber nicht, denn vermutlich wird es, sogar wenn es ein echter Einbruch war, als Versicherungsbetrug ausgelegt werden.
Aber zurück zum hinkenden Vergleich. Das Flugzeug ist abgestürzt, alle Passagiere sind tot und die Terroristen haben hundertprozentig Schrecken verbreitet. Jetzt kommt der Herr Bosbach, der ja einer christlichen Partei angehört, und verleiht seinen Messias mal an den Versicherer, der dann die Toten wiedererweckt. Praktisch.
Für uns jedoch, die in der Realität leben, ist das Risiko etwas normales. Es ist Teil unseres Lebens. Wenn ich mich im Auto oder als Fußgänger auf die Straße begebe, weiß ich, daß dies meine letzte Fahrt oder mein letzter Spaziergang sein könnte. Das mache ich mir nicht in jedem Augenblick so bewußt, aber ich weiß es schon. Schließlich könnte mich auch ein Meteor am Kopf treffen, der Blitz erschlagen, der Doktor zutode pfuschen und so weiter … selber könnte ich rauchen und andere Drogen nehmen oder mich bei der Autofahrt nicht anschnallen und dadurch (zeitiger) sterben. Was soll’s?! Wenn wir aber mal die Wahrscheinlichkeiten nehmen in denen wir hier argumentieren, sieht man sehr schön, daß der Einsatz dieser Scanner keinen solchen Sicherheitsgewinn bringen kann. Abgesehen davon ist die Wahrscheinlichkeit durch Rauchen oder Passivrauchen, durch übermäßigen Alkoholkonsum oder im Straßenverkehr oder durch Ärztepfusch zu sterben bereits jetzt höher als die bei einem – egal ob terroristischem oder nicht – Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen.
Aber wem sage ich das? Da die christliche Religion ja auf dem gleichen Fundament aufbaut wie Terrorismus – nämlich Angstmache – kann sich Herr Bosbach vermutlich eher mit letzterem identifizieren. Und hinterfragen muß man bei der Religion auch nichts, was sich ja schön auf die “Sicherheitsmaßnahmen” übertragen läßt. Bloß nicht hinterfragen. Politiker haben Ahnung. Ja ja ja ……. 😕
// Oliver