… nicht die “bösen” Leute, die sich Musik herunterladen, sondern ihr selbst seid eure größten Feinde.
Wie komme ich auf diese “abwegige” Idee? Nunja. Bis vor einigen Jahren habe ich Musik-CDs gekauft, weil ich daran glaubte, daß es gerecht sei die Musiker zu entlohnen, deren Musik ich höre – prinzipiell denke ich übrigens noch immer so. Und nun kommt’s: ich habe sogar Musik auf CD gekauft, die ich zuvor bereits von Freunden als MP3, sozusagen als Hörprobe, bekommen hatte. Hätte ich das euren bescheuerten Theorien zufolge nötig gehabt? Wohl nicht, schließlich hatte ich doch die “billige” Kopie bereits auf meiner Platte. Aber wie kam es dazu, daß ich irgendwann aufhörte Musik auf CDs zu kaufen?
Auch diese Erklärung ist sehr einfach. Bei einem der Eurovision Song-Contests habe ich ein Lied so toll gefunden, daß ich direkt am Montag danach direkt in den Laden ging und mir für einen vergleichsweise unverschämten Preis (schließlich war die CD erst neu herausgekommen) eine Doppel-CD kaufte, auf der ich insgesamt überhaupt nur drei Lieder gut fand. Was lernen wir daraus erstens? Wenn ich mir die Lieder selbst hätte zusammenstellen können, hätte ich eine Menge sparen können – und zwar sogar dann, wenn das einzelne Lied den doppelten Preis eines Liedes auf der “normalen” CD (gemessen nach Liedern pro CD) bezahlt hätte. Die Crux kommt aber erst. Als ich voller Vorfreude das Ding in meinen CD-/MP3-Player im Auto einlege, spielt dieser verrückt und gibt eigenartige Geräusche von sich. Funktioniert hat es dann nicht, die CD auf der das neue Lieblingslied sich befand, abzuspielen. Auch die Navigation durch die Lieder war komplett im Arsch und es gab Probleme die CD wieder auszuwerfen. Findet ihr, liebe Künstler, das “angemessen”? Ehrliche Kunden werden mit etwas bestraft um das sich die bandenmäßigen Kopierer ‘nen Dreck scheren, weil sie die Methoden besitzen um es zu umgehen oder die CD einfach in einem anderen Land kaufen und von dort aus verbreiten. Na schönen Dank auch! Als Gegenleistung dafür, habe ich danach nur noch eine Single von “In Extremo” gekauft und eine CD bei welcher ich mich vorher erkundigt hatte, daß sie ohne Kopierschutz war. Abgesehen davon gab es für mich nur noch Klassik-CDs, bei denen Kopierschutz offenbar nicht notwendig zu sein scheint.
Nunja liebe Künstler, macht einfach so weiter und vergrault weitere zahlende Kunden. Die Künstler, die gute Musik fabrizieren und auf Kopierschutz verzichten, werden auch ihren fairen Anteil bekommen. Auch würde es nicht schaden Angebote nicht nur mit Wasserzeichen und verlustbehafteten Formaten, sondern auch als bspw. FLAC-Dateien und ohne Personalisierung anzubieten. Aber nein, da könnte ja jemand was Kopieren. In den USA heißt das Fair-Use und wird nicht nur dort immer weiter von euch und euren Lobbyisten beschnitten. Die Konsumgesellschaft läßt grüßen … in all ihren Facetten. “Schöne” neue Welt!
Glaubt ihr allen Ernstes, wenn ich früher eine CD bar kaufen konnte ohne gleich persönliche Angaben machen zu müssen und später mit Werbung zugemüllt zu werden, daß ich dann heute Musik in Formaten kaufen werde, die mir nicht die persönliche Weitergabe an Freunde erlauben, verlustbehaftet sind und – auch MP3/AAC-Dateien können geklaut werden – ich mich dem Risiko aussetze für etwas bestraft zu werden, was ich nicht getan habe? Leckt mich doch mal gepflegt am Allerwertesten …
Vielleicht macht ihr einfach mal wieder ‘nen Realitätscheck und meldet euch zurück, wenn ihr von eurem Trip runter seid.
Mit besten Grüßen aus Ísland,
// Oliver
PS: ihr wißt sicher worauf sich dieser offene Brief bezieht 😉
PPS: Ich warte übrigens noch immer auf CD- oder DVD-Kompilationen mit einer großen Menge klassischer Musik im FLAC-Format zu einem fairen Preis. Aber Innovation war ja in den letzten beiden Jahrzehnten nicht gerade die stärke der Musikindustrie.
Ich habe zwar gestern auch mit den Augen gerollt, als ich den Künstler Peter Maffay vom “Diebstahl geistigen Eigentums” faseln hörte, aber ich würde jetzt ungern alle Leute, alle Künstler, in einen Topf werfen. Man könnte polemisch fragen, wer die tatsächlichen Initiatoren des offenen Briefes sind, und mit welcher Motivation die Benannten unterzeichnet haben. Einigen möchte ich durchaus zugestehen, dass sie in ehrlichem Interesse handeln.
btw, “Diebstahl geistigen Eigentums”. Maffay meinte wohl eher, dass ihm bei einer illegalen Kopie die Einnahme entgeht. Diebstahl geistigen Eigentums wäre, wenn jemand bspw. eine Doku von mir nimmt und unter eigenem Namen anbietet. Oder wie in deinem Fall: eins deiner Programme unter eigenem Namen verkauft. Das ist Diebstahl geistigen Eigentums. Schlecht, wenn man als Künstler die Begrifflichkeiten verwechselt.
Die Begrifflichkeiten werden im Kampf um die Einnahmen aber nicht gerade genaugenommen. Nimm nur als Beispiel den Begriff “Raubkopie”. Erstmal ist der Tatbestand des Raubes nicht erfüllt … in etwa wie beim “Mundraub”, der auch eher ein “Munddiebstahl” sein sollte – und dann gibt es noch andere Unterschiede zu nicht-digitalen Kopien. Beispielsweise die Qualität der Kopie. Wenn ich mir früher eine Musikkasette überspielt habe, wurde die Qualität mit jedem weiteren Überspielen schlechter. Bei CDs & Co. ist das nicht mehr der Fall. Allein der Wortteil “Raub” suggeriert aber, daß es sich quasi um ein Kapitalverbrechen handelt.
Du magst rechthaben, daß sich Verallgemeinerungen auf keiner Seite besonders gut machen, jedoch lassen sich diese Künstler für etwas einspannen. Sei es nun, daß sie ihre Felle davonschwimmen sehen, oder daß sie es laut (Knebel-)Vertrag müssen.
… und die Reaktion aus Berlin hat ja auch nicht lange auf sich warten lassen.
// Oliver
Das ist, was mir auch nicht gefällt. Die ganzen Unterschriften (mehr als 200) zu den Themen Überwachung, Vorratsdatenspeicherung usw. scheinen nicht so wichtig zu sein und werden abgetan. Die Besorgnis von 200 Menschen, die sich Künstler nennen, haben offenbar mehr Gewicht. Das ist ungefähr der Eindruck, der mir mit der prompten Reaktion der Kanzlerin vermittelt wird.
Vollste Zustimmung. Als “Minderverdiener” ist es jedoch auch logisch, daß du nicht soviel Stimmgewicht haben solltest. Oder?
Urheberrechtsexperte ärgert sich über “Frechheiten der Musikindustrie”